14. Mai 2020

NATURBEOBACHTER AUS DER REGION


Naturschutz in Zeiten der Dürre und der Distanz

 Joachim Schmitz

Nach Angaben des Deutschen Wetterdienstes war der April 2020 der sonnigste seit Beginn der Aufzeichnungen und der dritttrockenste. Was die Situation noch verschärfte, war der starke Wind aus Osten und damit verbunden die sehr geringe Luftfeuchtigkeit. Das führte zu der seltenen Erscheinung, dass Düsenflugzeuge an manchen Tagen keinen Kondensstreifen produzierten. Die Luft muss also auch in größer Höhe sehr trocken gewesen sein.

Das hat die Brandgefahr für Wälder, Böschungen usw. stark erhöht, zumal im Boden die Wasserverluste der vergangenen zwei Hitzesommer noch lange nicht ausgeglichen sind. Brände entstehen selten natürlich wie durch Blitzeinschlag, häufiger durch menschliche Fahrlässigkeit wie Zigarettenkippen, nicht gelöschte Brand- oder Grillstellen usw.

Dazu kommt, dass in diesem ungewöhnlich warmen Frühling die Vegetation viel früher als sonst entwickelte. Das erste Scharbockskraut habe ich noch im Februar blühen sehen, Lerchensporn war schon Ende März mit der Blüte durch und die erste Echte Schlüsselblume habe ich am 12. April gefunden. Nach meiner Einschätzung ist die Vegetation mindestens zwei Wochen im Vorsprung.

Tief wurzelnde Stauden und Gehölze kommen mit der Trockenheit noch einigermaßen zurecht. Flachwurzler und besonders einjährige Arten sind dagegen, kaum dass sie ausgetrieben sind, zum Teil schon wieder vertrocknet. Das erhöht noch einmal die Brandgefahr.

Besonders bedroht sind Moore und Heiden auf Torfböden. Torf ist brennbar. Er wurde früher in Mooren als Brennmaterial „gestochen“. Im Hohen Venn sind an einigen Stellen alte Torfstiche noch heute erkennbar. Bei einem Brand kann die Glut tief in den Boden eindringen und hartnäckige Nester bilden. Die sind schwer zu löschen und können das Feuer immer wieder neu anfachen. Das hat man jüngst bei dem Brand im Nationalpark De Meinweg knapp hinter der niederländischen Grenze gesehen. Dort sind Brandherde, die man für gelöscht gehalten hatte, mehrmals wieder aufgeflammt. Es kann sogar passieren, dass Torf durch einen Blitz entzündet wird und der Schwelbrand zunächst nur unterirdisch fortschreitet.

Im Hohen Venn hat es mehrere verheerende Brände gegeben, die größten 1911, 1947 und zuletzt 2011. Man vermutet, dass durch die Aufdüngung durch die Asche große Hochmoorflächen beeinträchtigt wurden und sich Pfeifengras so stark breit machen konnte. Wegen der Brandgefahr gab es mal ein Netz von Feuerwachttürmen, die z. T. sogar rund um die Uhr besetzt waren. Diese aufwändige Überwachung hat man aufgegeben und durch moderne digitale Überwachungstechnik ersetzt. Was es aber noch gibt, ist die Möglichkeit, das Venn für Besucher zu sperren, was durch die hochgezogenen roten Flaggen angezeigt wird.

Während Naturschützer sich um die Risiken des Wetters besorgen, hat Leute, denen im Home Office die Decke auf den Kopf fällt oder die sonst nicht ihrer normalen Tätigkeit nachgehen können, das wunderbare Ausflugswetter in die Natur gelockt. So meldet die Verwaltung des Nationalparks Eifel überdurchschnittliche Besucherzahlen, was es an Besuchertreffpunkten und schmalen Wegen problematisch macht, die Distanzregel der Corona-Prävention einzuhalten.

In einer Pressemitteilung berichtet der NABU über Ähnliches in anderen Naturschutzgebieten. Abgesehen von der Missachtung der Distanz- und Kontaktregeln wurden Leute beobachtet, die Betretungsverbote verletzen und so z.B. das Brutgeschäft seltener Vogelarten gefährden. Besonders bedroht sind Moor- und Heidegebiete wie die Drover Heide, die Teverener Heide und weitere Heidemoore im Schwalm-Nette-Gebiet.

Es wurde sogar beobachtet, dass im NSG gegrillt wurde. Nach allem, was oben über die Brandgefahr ausgeführt ist, ist dieses Verhalten kaum noch grob fahrlässig sondern grenzt schon an vorsätzliche Brandstiftung.

 

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zuletzt bearbeitet am 9.VII.2020