16. Mai 2019

NATURBEOBACHTER AUS DER REGION


Eine anspruchslose Bienenweide aus Übersee

 Karl Josef Strank

 

Mit dem Namen Kugelakazie verbinden die meisten das Bild eines eher schwachwüchsigen, nicht allzu hohen, kleinen Baums mit einer dichten kugelrunden Krone. Er blüht nicht und bildet nur Laubtriebe, was ihn als Allee- und Parkbaum attraktiv macht. Seine botanische Formbezeichnung als ‚Umbraculifera‘ bedeutet ‚Schirm tragend‘ und demnach Schatten spendend, was den Grund für seine häufige Verwendung liefert. Kugel„akazie“ führt aber botanisch in die Irre, denn es handelt sich nicht um einen Vertreter der Gattung Acacia, es ist vielmehr eine spezielle Form der Robinia pseudoacacia, der Robinie. „pseudo“ im Artnamen meint „sieht so aus wie“.

Robinien sind bei uns ursprünglich nicht heimisch. Sie stammen aus den Appalachen des östlichen Nordamerika, haben sich aber in Europa, Nordafrika und Asien erfolgreich verbreitet. Die Robinie ist bei uns das Fremdgehölz mit der größten Ausbreitung. Jean Robin (1550-1629), der Hofgärtner Heinrichs IV. und Ludwigs XIII., brachte um 1600 erste Exemplare aus Virginia mit nach Paris. Anfangs wurde sie nur in Botanischen Gärten kultiviert.

Die Robinie ist sommergrün mit wechselständigen, sich spät entfaltenden Blättern. Die können bis 30 Zentimeter lang werden und sind unpaarig gefiedert. Der Stiel ist unten verdickt, an seiner Basis sitzen zwei Nebenblätter, die zu etwa zwei Zentimeter langen, geraden oder leicht gebogenen Dornen umgewandelt sind. Die Blüten sitzen 10 bis 25 an der Zahl in langen, hängenden Trauben. Sie sind bis drei Zentimeter langgestielte typische Schmetterlingsblüten und duften stark.

Der Kelch ist glockig, die Kronblätter weiß, cremig, oft leicht rosafarben. Sie bilden die Fahne, die beiden Flügel und das Schiffchen, das aus den unteren beiden verwachsenen Kronblättern besteht. Weil die Blütentraube hängt und nicht aufrecht wächst, müssen alle Blüten „resupinieren“, das heißt sie drehen sich im Blütenstiel um 180 Grad, mit dem Ergebnis, dass die Fahne wieder oben und das Schiffchen unten ist, sich also für die bestäubenden Insekten nichts ändert. Innen folgen die Staubblätter, neun sind zu einer Röhre verwachsen, eines bleibt frei. Das Fruchtblatt ist als typische Hülse geformt. Zur Reife entwickelt sich daraus eine fünf bis zehn Zentimeter lange, ein bis zwei Zentimeter breite rotbraune Hülse. Diese enthält vier bis zehn schmal nierenförmige Samen. Als Wintersteher bleiben die Früchte bis zum nächsten Frühjahr am Baum und die Samen werden erst im Winter und Frühjahr ausgestreut.

Die Blüten bieten reichlich Nektar, der zwischen der Staubblattröhre und dem Fruchtblatt gebildet wird. Der Zuckergehalt liegt zwischen 34 und 59 Prozent. Damit gehört die Robinie zu den nektar- und zuckerreichsten Bienenweidepflanzen. Der Zucker setzt sich aus 60 Prozent Rohrzucker und 30 Prozent Fruchtzucker zusammen. Der Robinienblütenhonig ist gelblich und sehr hell gefärbt.

Bestäubungstechnisch funktionieren die Blüten nach dem Bürstenprinzip. Der mit Bürstenhaaren besetzte Griffel nimmt den Pollen vor Öffnen der Blüte auf. Landet ein Insekt auf der Blüte, entsteht Druck auf das Schiffchen und der Pollen wird portionsweise auf die Spitze des Schiffchens gefegt, wo das Insekt diesen aufnehmen kann. Bei Abflug gehen die Blütenblätter wieder in die Ausgangslage zurück und der Vorgang kann sich mehrmals wiederholen.

Die Robinie ist heute nach Eucalyptus eine der weltweit am häufigsten gepflanzten Baumarten. Gründe sind ihre Anspruchslosigkeit, die Fähigkeit Luftstickstoff zu binden und der schnelle Wuchs. Große Bedeutung hat die Robinie für die Befestigung von Halden, Böschungen und erosionsgefährdeten Hängen. Bei uns ist sie daher auf den Kohlehalden zu finden. Auch zur Dünenbefestigung wird sie gepflanzt.

Die Robinie bildet keine langen und dicken Stämme, aber ein zähes, festes, hartes und sehr dauerhaftes Kernholz. Dieses wird verwendet im Schiffsbau, als Gruben- und Schwellenholz. Ruderstangen, Leitersprossen, Radspeichen, Turngeräte und Parkett werden daraus gefertigt.

 

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zuletzt bearbeitet am 18.V.2019