20.Febr.2014

NATURBEOBACHTER AUS DER REGION


Echte Gärtner hält nichts davon ab, jedes Jahr das Mistbeet einzurichten

Karl Josef Strank

Wer aufgrund einer Haussanierung Fenster gegen neue, besser isolierte und energetisch günstigere austauscht und dazu noch einen Garten hat, muss die ausrangierten, einfach verglasten Fensterrahmen nicht gleich auf den Müll schmeißen. Diese können trotz ihres veralteten technischen Standards als Abdeckung für Früh- und Mistbeete noch gute Dienste leisten. Derartiges Recycling war früher gang und gäbe, als Gemüse noch im eigenen Garten gezogen wurde und man darauf angewiesen war, die Pflänzchen frühzeitig auf dem Fensterbrett oder im Frühbeetkasten vorzuziehen. Mistbeete eignen sich auch zum Treiben von Frühgemüsen wie Salat, Kohlrabi, Radieschen, Gurken u.a.

In einem Ratgeber von Otto Brüders aus dem Jahr 1916 für Gartenbesitzer in der Stadt und auf dem Lande heißt es: „Möge das Mistbeet dem einen oder anderen Zwecke dienen, stets erfordert es Aufmerksamkeit und sorgfältige Behandlung, weswegen die Anlage eines solchen nur demjenigen Gartenbesitzer angeraten werden kann, der sich täglich mit wirklicher Lust und Liebe zur Sache an der Gartenarbeit betätigt. Ein gelegentliches Nachschauen genügt bei Mistbeeten nicht! Wem es an Zeit und Geduld für die richtige Behandlung eines Frühbeetes mangelt, der kaufe sich die ersten Setzlinge lieber bei einem Berufsgärtner und beschränke sich beim Anbau auf Freilandkulturen.

Dem eifrigen Gartenfreunde jedoch verschafft ein Mistbeet eine Fülle von Freude und Genuß …“ – denn im Mistbeet gelingen Kulturen, die sonst nicht glücken. Es kann genauso zur Anzucht von Blumen und zur Überwinterung junger Pflanzen genutzt werden.

Zu achten ist darauf, an welcher Stelle im Garten ein Mistbeet angelegt wird; sie sollte gut zugänglich sein und nicht im Schatten liegen. Die Größe des Beetes hängt von der Anzahl der verfügbaren Fenster ab. Zwei bis drei reichen in der Regel aus. Die Konstruktion des Kastens ist mit einfachsten Mitteln möglich. Baubohlen oder alte Bretter werden rechtwinklig zusammengeschlagen. Der Kasten liegt in West-Ost-Richtung, die hinteren Bretter sind höher als die vorderen, damit die Sonne optimal einfallen und den Boden erwärmen kann, aber auch das Regenwasser von den Scheiben abläuft. Wesentlich ist eine Füllung mit Mist. Der düngt und produziert, solange er frisch ist, Wärme, was den treibenden Effekt ausmacht. Hierzu wird der Kasten 50 cm tief ausgekoffert und mit frischem Mist gefüllt. Optimal entfaltet sich die wärmende Wirkung, wenn um den Kasten eine Spatenbreite Erde weggegraben und ebenfalls Mist eingerbeitet wird. Am besten ist frischer Pferde- oder Kuhmist. Darüber wird die ausgekofferte Erde gedeckt und nach einigen Tagen der Ruhe und Entwicklung ist der Kasten fertig und kann eingesät werden.

Im den Monaten Februar und März, meist bei Kälte und Frost, werden Mistbeete angelegt. Es ist darauf zu achten, dass sie dicht sind, die wärmende Sonne einfangen und nicht auskühlen. Heute kann man sie in Styropor oder andere isolierende Materialien einpacken, früher häufelte man sie von außen mit Mist und Erde an. Es liegt in der Natur der Sache, dass im nächsten Jahr der Kasten wieder mit frischem Mist neu gebaut werden muss, denn der wärmende Effekt verliert sich im Laufe des Jahres mit der fortschreitenden Rotte des Mistes.

Ein kalter Kasten ist einfacher anzulegen. Der wird nicht mit Mist gefüllt und ist demnach auch nicht so früh nutzbar. Darin werden im März Salate, Frühkohlsorten, Zwiebeln, Möhren, Schnitt- und Pflücksalate vorgezogen. Diese Pflanzen sind für das Freiland ab Mitte April besser geeignet als im Mistbeetkasten bei Wärme und Feuchtigkeit getriebene, weil sie langsamer wachsen und besser abgehärtet sind. Aus diesem Grund werden Pflanzen für den frühen Anbau immer in kalten Kästen herangezogen.

Für die frühe Anzucht im Mistbeetkasten sind dieser Tage fast schon überfällig: Kopfsalat, Blumenkohl, Kohlrabi, Rotkohl, Wirsing, Sellerie, Zuckermais und Spinat, der aber auch schon um diese Jahreszeit ins Freiland gesät werden kann.

Heute sind Gewächshäuser jeder Größe und Preislage für den eigenen Garten in Baumärkten zu kaufen, was Anzuchten deutlich bequemer macht, als jedes Jahr im ausgehenden Winter bei meist schlechtem und nassem Wetter ein neues, frisches Mistbeet anzulegen. Noch bequemer ist es, die Pflänzchen im Gartencenter zu kaufen. Alte und besondere Sorten sind dort aber meist nicht zu bekommen. Echte Gärtner, die mit wirklicher Lust und Liebe zur Sache arbeiten, hält nichts davon ab, jedes Jahr neu das Mistbeet einzurichten und einzusäen.

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zuletzt bearbeitet am 13.IV.2014