9.Aug.2012

NATURBEOBACHTER AUS DER REGION


Geologische Launen: Die Galmei-Vegetation am Breinigerberg ist spektakulär

Joachim Schmitz

Die Schwermetallflora des Breinigerbergs in Stolberg ist weltberühmt. Hier sind durch eine geologische Laune der Natur Zink- und Bleierze so nahe an die Erdoberfläche gelangt, dass sie den Boden vergiften und dadurch eine ganz spezielle Vegetation bedingen. Viel verbreiteter in der Euregio war allerdings der bergmännische Erzbergbau in unterirdischen Stollen. Häufig wurde im Bereich solcher Zechen schwermetallhaltiges Gestein auf Halden abgekippt, dessen Metallgehalt nicht groß genug für eine lohnende Verhüttung war, aber ausreichte, dass sich auch hier die typische Galmeivegetation ansiedeln konnte. Wenig bekannt ist, dass es das auch im Aachener Stadtgebiet gibt. Ein ausgedehntes Grubenfeld befand sich unter dem heutigen Ortskern von Eilendorf. Davon ist aber nichts mehr übrig geblieben als ein paar Flur- und Straßenbezeichnungen wie Grubenstraße, Galmeistraße oder Stollenweg.

Anders auf der nahe gelegenen Verlautenheidener Höhe: Mindestens seit 1663 wurde hier die Lagerstätte Herrenberg ausgebeutet. Etwa in der Zeit um 1850 endete der Abbau. Von Gebäuden und Anlagen ist bis auf einen großen Teich, der auf Privatgelände liegt, nichts mehr übrig, aber ein paar Stellen mit Galmeivegetation gibt es noch. Daran kann man auch erkennen, wie hartnäckig sich die schlecht wasserlöslichen Schwermetallsalze im Boden halten.

Über 150 Jahre haben nicht ausgereicht, die Metalle auszuschwemmen. Galmei-Grasnelke (Armeria maritima ssp. halleri „calaminaria“) wächst in einem kleinen Zwickel an einer Wegkreuzung, Galmei-Veilchen (Viola calaminaria) und Aachener Schwingel (Festuca aquis-granensis) auf dem Osthang über dem Eilendorfer Tunnel.

Der Grund für das Erzvorkommen ist die sogenannte Feldbissstörung. Das ist ein ausgeprägter Sprung in den geologischen Schichten, der sich von Eilendorf über Herzogenrath bis nach Kerkrade und Brunssum verfolgen lässt. Bis heute verschiebt sich hier der Gesteinsuntergrund gegeneinander. Ursache ist die nach wie vor anhaltende Bewegung der afrikanischen Kontinentalplatte gegen die europäische. Das geht natürlich nicht immer gleichmäßig. Manchmal hakt und ruckelt es und dann entlädt sich die Spannung in einem Erdbeben. An der Feldbissstörung hat es zuletzt 2002 ein leichtes Erdbeben gegeben, das zum Beispiel in Alsdorf spürbar war.

An solchen Störungen bilden sich Spalten und Klüfte, in denen aus tieferen Schichten heiße, hochgesättigte Minerallösungen aufsteigen, die sich schließlich als Erzgänge abscheiden. Das gibt es überall am nördlichen Rand des Rhenoherzynischen Mittelgebirges, also des Mittelgebirgszugs, der im französischen Lothringen anfängt, über die belgischen Ardennen, die Eifel, Sieger- und Sauerland geht und noch weiter nach Osten ausgreift. Nur selten sind diese Erzgänge allerdings so nahe an der Oberfläche, dass sich das auch auf die Vegetation auswirkt.

Die Verlautenheidener Höhe, geologisch auch Verlautenheidener Horst genannt, ist die nördlichste Stelle, an der Schichten aus dem Erdaltertum das Gelände formen. Devonische Schichten gibt es nördlich davon gar nicht mehr. Karbonische Schichten sind teilweise noch im Wurmtal aufgeschlossen. Danach tauchen sie auch unter der Bedeckung wesentlich jüngerer Schichten ab.

Am kommenden Sonntag gibt es eine geführte Wanderung des Freundeskreises Botanischer Garten Aachen über die Verlautenheidener Höhe. Neben der Galmeiflora werden dabei auch andere technische und kulturelle Relikte demonstriert. So ganz nebenbei gibt es hier auch ein paar herausragende Aussichtspunkte auf den Aachener Kessel. Treffpunkt ist der Eisenbahnhaltepunkt Eilendorf um 12.45 Uhr. Nähere Informationen gibt es wie immer auf der Internetseite des Freundeskreises.


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zuletzt bearbeitet am 22.IX.2012