21. Jan. 2021

NATURBEOBACHTER AUS DER REGION


Von Riesen und Zwergen unter den Bäumen

 Karl Josef Strank

Was ein Baum ist, lernen wir schon als Kinder, wenn wir sprechen lernen. Ein Baum ist groß, hat einen Stamm und eine Krone mit vielen Blättern. Schnell lernen wir auch, einen Laubbaum von einem Nadelbaum zu unterscheiden. Palmen kommen irgendwann hinzu. Palmfarne sind da schon spezieller. Bei näherer Betrachtung gibt es eine große Vielfalt von Bäumen und nicht alle sind groß, einige sind wahre Zwerge, und damit ist nicht ein Bonsai gemeint, den wir Menschen künstlich in dieses Kleinformat gezwungen haben. Wir haben ein besonderes Verhältnis zu Bäumen. Unsere fernen Vorfahren lebten einst in den Kronen von Bäumen. Wälder schaffen für uns eine Atmosphäre, in der wir uns wohlfühlen. Urwüchsige Wälder haben etwas Erhabenes, manche bezeichnen sie als Kathedralen der Natur.

Im krassen Gegensatz zu dieser ideellen Wertschätzung steht unser reeller Umgang mit Bäumen und Wäldern. Der globalen Erhitzung durch den Klimawandel geschuldet brennen die Wälder weltweit, inzwischen auch in Regionen, in denen man es nie vermutet hätte. Ohne Unterlass werden die tropischen Regenwälder gerodet. Könnten die Bäume wie in der „Herr der Ringe“-Saga in den Kampf um Mittelerde eingreifen, sie würden gegen uns in den Krieg ziehen. Bäume sind mehr als nur Holzlieferanten. Sie sind das strukturelle Rückgrat der artenreichsten und produktivsten Ökosysteme an Land. Ihr Potential ist gewaltig, es reicht von wahren Riesen bis zu winzigen Zwergen.

Schon der Name Mammutbaum lässt vermuten, dass es sich nicht um einen kleinen Baum handelt. Genauer gesagt gibt es zwei verschiedene Arten, den Küsten- (Sequoia sempervirens) und den Bergmammutbaum (Sequoiadendron giganteum). Beide wachsen im pazifischen Amerika in einem etwa 800 km langen Streifen entlang der Küste und auf den westlichen Hängen der Sierra Nevada. Beide Arten waren in Zeiten der Saurier weit verbreitet und trugen zur Braunkohlebildung bei. S. sempervirens ist schlanker, erreicht ein Alter von 2400 Jahren und eine Höhe von 115 Metern. Er bildet im Küstenregenwald die Bestände der sogenannten Redwoods. S. giganteum ist in Stamm und Krone massiger, erreicht ein Alter von 3500 Jahren und eine Höhe von 83 Metern. Der größte mit Namen „General Sherman“ hat geschätzte 1484 Kubikmeter Holz von über 587 Tonnen und einen Stammumfang von 8,15 Metern. Ein Gelber Merantibaum im tropischen Regenwald der Insel Borneo wurde kürzlich entdeckt und ist auf 100,8 Meter vermessen worden. Ziehen wir unsere heimischen Bäume zum Vergleich heran, so erreicht die Fichte die Spitze mit bis zu 60 Metern. Es folgen Lärche (54), Tanne (50) und Kiefer (48). Danach folgen die Laubbäume: Rotbuche (45), Stiel- und Traubeneiche (40), Esche (40), Berg- und Spitzahorn (35), Ulme (35), Sommer- und Winterlinde (32), Schwarzpappel, Schwarzerle und Hainbuche (30), Sandbirke (28), Zitterpappel und Eberesche (25) und Feldahorn (20). Zur besseren Einordnung der Größen: das Brandenburger Tor ist 20 Meter hoch und die Siegessäule mit 69 Metern schon neun Meter höher als die höchsten Fichten.

Wenn wir jetzt die kleinen und winzigen Bäume betrachten, kommen die Bilder von niederen Latschenkiefern, wie man sie auf Wanderungen in den Alpen nahe der Baumgrenze findet, in den Sinn. Im Bereich der alpinen Matten dominieren die Zwergsträucher und die Bäume des Bergwaldes kommen über einen krüppeligen Wuchs nicht hinaus, bis sie etwas höher dann ganz verschwinden. Wacholder ist hier mit einer horizontal wachsenden, kriechenden alpinen Form vertreten. Weiden kennen wir als größere Bäume, häufig auch in Kopfform geschnitten, entlang von Flussläufen oder in breit buschiger Wuchsform in Sümpfen. Die Krautweide wird nicht höher als zehn Zentimeter. Sie kriecht mit Stamm und Ästen in der Erde und schiebt nur die mit kleinen Blättern besetzten Zweige ans Licht. In diesen Alpenregionen gibt es noch die Stumpfblättrige, die Thymianblättrige, die Netz- und die Alpen-Weide, allesamt Zwerge wie die Kraut-Weide.

 

voriger Artikel ← | → nächster Artikel

Auswahl nach Erscheinungsdatum

Auswahl nach Themenstichwort

Startseite

zuletzt bearbeitet am 2.II.2021