12. Sept. 2019

NATURBEOBACHTER AUS DER REGION


Reinheit und Ruhe für Körper und Seele

 Astrid von Reis

 

Mmh, lecker! Zerreibt man ein paar Lavendelblüten zwischen den Fingern und atmet den herrlichen Duft der ätherischen Öle ein, kommen Bilder vom Zauber des Südens hoch. Die Blüten des Schmalblättrigen Lavendel oder Echten Lavendel (Lavandula angustifolia syn. L. officinalis) aus der Familie der Lippenblütengewächse (Lamiaceae) duften einfach himmlisch und man kann sich kaum daran „satt schnuppern“.

Neben der „berauschenden“ hat Lavendelduft auch eine beruhigende Wirkung, die laut jüngsten Forschungen nur über die Nase herbeigeführt wird. Nehmen die Riechzellen den Duft wahr, werden Rezeptoren im Gehirn aktiviert, die uns entspannen lassen. Die Hauptblütezeit im Sommer ist gerade vorbei, doch dank Lavendelsäckchen und Schlafkissenfüllungen mit getrockneten Blüten, mittels Wasserdampfdestillation aus Blüten und Stängeln gewonnenem vielseitigem Lavendelöl mit rund 200 wirksamen Inhaltsstoffen, Lavendel in Parfüm (auch in 4711) und Tee ist die beliebte Duft- und Heilpflanze immer „greifbar“.

Der Echte Lavendel ist ein buschiger, graufilzig behaarter Strauch, der bis zu einem Meter hoch wird. An den aufrechten, meist verästelten Zweigen sind gegenständig angeordnete, bis fünf Zentimeter lange, graugrüne schmalblättrige (angustifolia) Blätter. Der Echte Lavendel ist eine von 25 Arten der Gattung Lavandula, die alle mehr oder weniger stark aromatisch duften und immergrün sind. Im Sommer wachsen unverzweigte lange Stiele mit bis zu acht Zentimeter langen Blütenständen. Bis zu zehn einzelne blass- bis dunkelviolette zwittrige Blüten stehen hierbei in Scheinquirlen, die eine unterbrochene Ähre bilden. In jeder einzelnen Blüte entsteht Nektar mit bis zu 0,26 Milligramm Zucker pro Tag, so dass auch Insekten wie Bienen, Hummeln und Schmetterlinge die Pflanzen sehr schätzen.

Ursprünglich kommt der Echte Lavendel auf trockenen, sonnigen und felsigen Standorten der Küstenregionen des Mittelmeerraums vor, Benediktiner-Mönche führten ihn nördlich der Alpen ein.

Seit Jahrtausenden beliebt

Schon seit Jahrtausenden ist die Pflanze als beruhigend, heilend sowie reinigend bekannt und beliebt. So verwendeten die alten Ägypter Lavendel zur Einbalsamierung ihrer Mumien. Im Grab von Tutanchamun, das über 3000 Jahre verschlossen war, wurde eine Salbe gefunden, die immer noch nach Lavendel duftete. Auf die alten Römer geht wahrscheinlich der botanische Name zurück, der vom lateinischen ‚lavare’ (Deutsch: waschen) stammt. Lavendel wurde viel als Zusatz zum Reinigen des Körpers und der Kleidung genutzt. Apropos waschen: Um unsere Erwartungen zu erfüllen, wird die von Natur aus weiße Seife lila gefärbt.

Matthiolus (1501 – 1577), der die ‚Materia medica’ von Dioskurides, das wichtigste und einflussreichste antike Werk über die Arzneimittel aus dem 1. Jahrhundert nach Christus, übersetzte, beschreibt schon Anwendungsbereiche von Lavendel ähnlich dem Bundesgesundheitsamt heute: „Bei Befindungsstörungen wie Unruhezuständen, Einschlafstörungen, Appetitlosigkeit sowie bei funktionellen Oberbauchbeschwerden (nervöser Reizmagen, Meteorismus, nervöse Darmbeschwerden)“. Bekannt waren auch die Einreibungen mit Lavendelöl bei Hautverletzungen oder bei rheumatischen Beschwerden: „ist auch gutt/ die lamen/ kalten glieder damit gerieben.“

Bei Lavendelfeldern denken viele direkt an Frankreich und die Provence. Sie sind ein beliebtes touristisches Ziel, das inzwischen auch als besonders „instagrammable“ gilt. Die Lavendelbauern wissen sich vor Influencern kaum noch zu retten. Dies, nachdem sie schon schwere Ernteverluste im letzten Jahrzehnt durch kalte Winter, Insekten- und Pilzbefall hinnehmen mussten. So ist das Hauptanbaugebiet inzwischen in Bulgarien, gefolgt von Rumänien, Ukraine und China.

Wer gute Öle haben möchte, sollte auf die Bezeichnungen Lavandula vera, extra oder fein achten, da vermehrt die ertragreichere aber weniger heilsame Lavendelart Lavandin (L. intermedia) angebaut wird, oder das Anbaugebiet nicht optimal ist.

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zuletzt bearbeitet am 1.I.2020