5. April 2018

NATURBEOBACHTER AUS DER REGION


Die Knoblauchsrauke – die knofelige Alternative am Wegesrand

Karl Josef Strank

Sie wächst in Hecken, Gebüschen, in lichten und feuchten Laubwäldern oder einfach am Wegesrand, selten allein, meist in einem ansehnlichen Bestand vieler Pflanzen. Sie benötigen lockeren, nährstoffreichen Boden. Die Knoblauchsrauke riecht, wie sie heißt, nach Knoblauch. Der Duft ist nur dezent wahrnehmbar, wenn man an ihr vorübergeht. Reibt man die Blätter aber zwischen den Fingern, verströmen sie den unverkennbaren Geruch. Botanisch heißt sie Alliaria petiolata, was schon sehr an Allium für Lauch und Zwiebel erinnert. Dabei ist sie ein Kreuzblütler und verwandt mit dem Kohl, dem Meerrettich, dem Radieschen, dem Radi und der Brunnenkresse.

Die Knoblauch-Rauke ist zweijährig und bildet im ersten Jahr eine Rosette aus rundlichen, langgestielten, unten nierenförmig eingebuchteten Blättern. Im zweiten Jahr schiebt sie einen 5 bis 100 Zentimeter langen Stängel mit kurz gestielten, stark gezähnten, herzförmigen Blättern. An dessen Ende stehen die kleinen, weißen Blüten mit vier Kelch- und vier Kronblättern, vier lang und zwei kurz gestielten Staubblättern und vier miteinander verwachsenen Fruchtblättern. Aus diesen entwickeln sich nach der Befruchtung bis zu sechs Zentimeter lange Schoten. Bei der Reife trocknen die beiden Hälften der Schote ein und geben im Innern eine Scheidewand frei, an deren Rand die schwarzen Samenkörner sitzen, die in der Umgebung verstreut und dank eines saftigen Anhängsels sogar von Ameisen verbreitet werden. Die Pflanze blüht von April bis Juni. Als Wildgemüse und Gewürz kann sie das ganze Jahr über geerntet werden, als Heilkraut in der Zeit von März bis Juni.

Die Knoblauchsrauke ist seit Alters in Gebrauch und wird daher regional auch mit vielen volkstümlichen Namen belegt. Neben Knoblauchhederich und Waldknoblauch sind das Knofelkraut, Knoblichskraut und Knoblengswurz. Die Nutzung als Wildgemüse der armen Leute insbesondere im Frühjahr hat ihr in England die Namen Poor Man‘s Mustard oder beggar-man‘s oat eingebracht. Wegen der Verwendung zu „Salsen“, das meint Tunken und Saucen, sind auch die Namen Salßkraut, Salsenkraut und Saßkraut in den Kräuterbüchern zu finden.

An Wirkstoffen enthält die Knoblauchsrauke Senfölglycoside vor allem Sinigrin und Glucotropaeolin, die Allylsenföl bzw. Benzylsenföl abspalten, ferner geringe Mengen herzwirksamer Glykoside, reichlich Provitamin A und Vitamin C. Letzteres erklärt, warum sie in der Vergangenheit ausgangs des Winters in Ermangelung frischer Gemüse zusammen mit dem Scharbockskraut und der Kresse als vitaminspendende erste frische Grünpflanzen auch als Fastenspeise verzehrt wurde.

Darüber hinaus spricht die Volksheilkunde ihr gewisse verdauungsfördernde und schwach antibiotische Eigenschaften zu. Sie findet Verwendung bei Erkrankungen der Atemwege, zur „Blutreinigung“ und bei rheumatischen Beschwerden. Das zerquetschte Kraut oder der Saft werden für Umschläge bei schlecht heilenden Wunden und als Mundwasser gegen Zahnfleischentzündungen genutzt. Der unverdünnte Saft kann auf der Haut Blasen oder Nekrosen verursachen. In die Schulmedizin hat die Knoblauchsrauke wegen unzureichender Kenntnisse der Inhaltsstoffe und deren Wirksamkeit keinen Eingang gefunden.

Die Blätter der Knoblauchsrauke sind eine gute Würze für Salate. Dem milden Knoblauchduft folgt allerdings im Abgang ein bitterscharfer Nachgeschmack, den man mögen oder ertragen muss. Auch die Wurzeln eignen sich fein geschnitten als Würze für Salate, Kartoffelgerichte und Quark. In Ermangelung echter Senfkörner können die schwarzen Samen als Senfersatz verwendet werden, was den Poor Man‘s Mustard schlüssig erklärt.

Leicht ist die Knoblauchsrauke im eigenen Garten unter einer Hecke oder Sträuchern zu kultivieren. Dazu werden die Samen im Spätsommer verstreut. Im nächsten Frühjahr entwickeln sie die typischen Rosetten und blühen im Jahr darauf. Danach verbreitet sie sich ohne weitere Pflege. Ökologischer Nebeneffekt ist, dass die Pflanzen wie auch andere Kreuzblütler den Raupen des Aurorafalters, der mit seinen orangen Flügelspitzen im Garten ein schöner Farbtupfer ist, als Nahrungspflanzen dienen.

 

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zuletzt bearbeitet am 24.VII.2018