22. Juni 2017

NATURBEOBACHTER AUS DER REGION


Der Borretsch: Blauhimmelssterne für den Salat und für unser Gemüt

Astrid von Reis

Heute tun die Menschen die Blüten in den Salat, um sich fröhlich zu stimmen und die Laune zu verbessern. Vieles sonst kann man aus der Pflanze machen, was das Herz erleichtert, Gram vertreibt und den Geist erhebt. Die Blätter und Blüten des Borretsch, im Wein zu sich genommen, machen Männer und Frauen froh und glücklich, vertreiben Traurigkeit, Langeweile und Schwermut, das haben bereits Dioskorides und Plinius bestätigt. „Sirup aus den Blüten tröstet die Seele, lässt die Melancholie vergehen und besänftigt die Verrückten.“ Dies schrieb John Gerard in „The Herball, or Generall Historie of Plantes“ (1597) über den Borretsch (Borago officinales, L.).

Diese Zeilen könnten heute geschrieben worden sein. Sind doch seine Blüten ab Mai bis etwa September immer wieder als Schmuck auf Salaten zu finden. Und in vielen Gärten ist die einjährige, bis 70 Zentimeter hoch wachsende krautige Pflanze aus der Familie der Borretsch- beziehungsweise früher Raublattgewächse anzutreffen. Sie wurde und wird gerne als Gewürzpflanze im Salat oder als Gemüse (Blätter und Stängel) verwendet. Und die volkstümlichen Namen wie Blauhimmelsstern, Herzfreude, Liebäuglein und Wohlgemutsblume lassen auf die Beliebtheit dieser durch ätherische Öle intensiv nach Gurke schmeckenden Pflanze (daher auch der Name „Gurkenkraut“) schließen.

Ganz so euphorisch sollte die Pflanze, vor allem die Blätter, heute aber nicht mehr verwendet werden. Analysen der Inhaltsstoffe haben ergeben, dass neben förderlichen (fiebersenkenden, schweißtreibenden, schleimlösenden, entzündungshemmenden) Substanzen wie zum Beispiel Schleimstoffen und Gerbstoffen, auch Pyrrolizidinalkaloide enthalten sind. Einige dieser Alkaloide gelten als toxisch für die Leber und wirken kanzerogen. Die Blätter sollten nur gelegentlich verwendet werden. Die Blüten und Samen sowie das aus den Samen gepresste Borretschöl mit viel Gamma-Linolensäure gelten seitens des Bundesinstitutes für Risikobewertung als unbedenklich, da hier keine oder nur Spuren dieser Alkaloide enthalten sind.

Borretschöl ist gut unter anderem bei rheumatischen Beschwerden, dem prämenstruellen Syndrom und zur Behandlung von Hautbeschwerden.

Borretsch, der im Mittelmeerraum heimisch ist, wurde im späten Mittelalter nach Mitteleuropa gebracht. Kultiviert wurde er in Frankreich und schon bald tauchte die Pflanze in deutschen Bauerngärten auf. Die aufrechten, hohlen Stängel sind ebenso behaart wie die fleischigen, bis zu 15 Zentimeter langen eiförmigen Blätter. Diese borstigen Haare könnten verantwortlich für ihren Namen sein: borra aus dem lateinischen für „Gewebe aus rauer Wolle“. In der Literatur für wahrscheinlicher gehalten wird die Namensherkunft aus dem Arabischen: abu araq, heißt so viel wie „Vater des Schweißes, Schwitzmittel“. Die Pflanze besitzt dicke Pfahlwurzeln, die ein Umpflanzen im Garten schwer machen. So wird sie am besten direkt neben Erdbeer- und Tomatenpflanzen ausgesät, da sie hier als Begleitpflanze Schwärmerraupen abhalten kann.

Die Blüten sind sternförmig, fünfzählig und zwittrig. Sie sitzen an etwa drei Zentimeter langen Stielen und bilden lockere Rispen am Ende des Stängels. Die Kelchblätter sind verwachsen und dicht mit Haaren besetzt. Die Kronblütenblätter sind im Knospenzustand oft rosa und mit sich änderndem pH- Wert während der Blütenentwicklung werden sie meist intensiv blau (Ausnahme: Es gibt eine weiß-blühende Sorte). Sie sind röhrig miteinander verwachsen und am Schlund nach innen eingestülpt. Diese sogenannten Schlundschuppen sollen größeren Insekten den Zugang in das Kroneninnere verwehren.

Die violettfarbenen Staubblätter ragen weit aus der Kronenröhre heraus und sind lange vor der Narbe reif, um Selbstbestäubung möglichst auszuschließen. Die Frucht zerfällt in vier einsamige Klausen, die das wertvolle Öl beinhalten. Nicht nur bei uns Menschen sind die Blauhimmelssterne beliebt: Borretsch zählt wegen reicher Nektarproduktion zu den Bienenweiden und zieht viele Insekten an.

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zuletzt bearbeitet am 23.VII.2017