29.Sept. 2016

NATURBEOBACHTER AUS DER REGION


Von Schoten, Hülsen, Bälgen und anderen Früchtchen

Karl Josef Strank

Der Herbst ist die Zeit der Früchte. Allegorisch wird Pomona, die Göttin der Baum- und Obstfrüchte, meist mit einem überquellenden Füllhorn vieler Früchte dargestellt. Als Feldfrüchte werden auch die typischen Früchte des Ackers wie Knollen, Rüben, Kartoffeln und Zwiebeln bezeichnet. Streng botanisch sind das keine Früchte, denn als solche gelten nur „Blüten im Zustand der Samenreife“. Die genannten Feldfrüchte sind keine Blüten und enthalten auch keine Samen, sie sind Speicherorgane, die Nährstoffe einlagern in Sprossen, Wurzeln und Blättern.

Früchte entwickeln sich also aus befruchteten Blüten, genauer aus den Fruchtblättern oder Fruchtknoten. Damit haben wir die erste Unterscheidung, denn Fruchtblätter sind einzeln und freistehend und Fruchtknoten bestehen aus mehreren miteinander verwachsenen Fruchtblättern. Die einfachste Form einer Frucht entsteht dadurch, dass ein Blatt eine Tüte formt und die Ränder auf der Bauchseite miteinander verwachsen. Sie wird als Balg bezeichnet und ist häufig bei den Pflanzenfamilien, den Magnolienverwandten, den Hahnenfußgewächsen, aber auch den ursprünglichen Rosengewächsen anzutreffen. Ebenfalls aus einem Fruchtblatt bestehen die Hülsen, die typischen Früchte der Schmetterlingsblütler. Zur Samenreife öffnet sich die Hülse auf der Bauch- und der Rückennaht, so dass die Hülse in zwei Hälften zerfällt. Ähnlich sehen die Schoten aus, die typischen Früchte der Kohlgewächse. Sie entstehen aber anders, nämlich aus vier miteinander verwachsenen Fruchtblättern. Zwei bilden die seitlichen Klappen der Schote, die beiden anderen einen Rahmen mit den Samen und eine Scheidewand. Letztere bleiben oft lange erhalten, wenn die Seitenklappen längst abgefallen sind. Aus miteinander verwachsenen Fruchtblättern entstehen häufig Kapselfrüchte, die nach Art der Lage der Samen und des Öffnungsmechanismus weiter unterschieden werden.

Wechseln wir jetzt die Kategorie und betrachten das Verhalten der Fruchtwand (Perikarp), so werden zunächst folgende Schichten unterschieden: Exokarp, Mesokarp und Endokarp. Typische Früchte sind: Nüsse mit verholztem, hartem Perikarp, Steinfrüchte mit verholztem Endokarp (Stein) und fleischigem Meso- und Exokarp und Beeren bei denen das Perikarp fleischig ist. Betrachten wir jetzt einige gängige Früchte und wie sie in der Umgangssprache benannt sind, führt das zu kuriosen Ergebnissen. Die Walnuss, wie wir sie kaufen, ist eine Nuss. So reift sie aber nicht am Baum, dort ist sie mit einer grünen Haut umgeben. Botanisch korrekt ist sie eine Steinfrucht mit hartem Kern und weicher Außenhaut, wie das Kirche und Pflaume auch sind, nur, dass bei ihnen diese äußeren Anteile beeriger, weicher und fruchtiger sind.

Das gleiche gilt für die Kokosnuss. Bei ihr kommt auch nur der harte Kern in den Handel. Dieser ist aber bei der Ernte von der weichen Koprafaser umgeben, die in den Herkunftsländern Ausgangsprodukt vielfältiger Flechterzeugnisse wie Matten und Stricke ist. Eine „richtige“ Nuss ist die Haselnuss, denn bei ihr verhärtet das gesamte Perikarp, das einen Samen enthält. Schaut man genauer hin, bemerkt man aber, dass es in der Entwicklung zwei Samenanlagen waren, von denen eine völlig zurückbleibt und abortiert. Die Banane ist nach botanischer Definition eine Beere genauso wie die Paprika, die Tomate, die Zucchini, die Gurke und der Kürbis. Letzterer wird als „Panzerbeere“ bezeichnet, weil die Außenhaut in der Regel doch sehr verhärtet, was jeder nachvollziehen kann, der einen Kürbis zur Zubereitung schon einmal aufgeschnitten hat.

Zum Schluss noch zu den Früchtchen. Freie Fruchtblätter oder Blütenstände, die durch Wucherungen des Blütenbodens oder der Sprossachsen umwallt und eingeschlossen werden, führen zu Früchten wie dem Apfel, der Birne, der Erdbeere oder der Ananas. Bei diesen Sammelfrüchten werden aus den Bälgen Bälgchen, den Nüssen Nüsschen, den Beeren Beerchen etc., also Früchtchen. Die Erdbeere ist eine Sammelfrucht mit Nüsschen, was jeder schon einmal gespürt hat, der eine Erdbeere gegessen hat. Die harten „Kernchen“ auf der Außenhaut sind die Nüsschen, die die Samen enthalten.

voriger Artikel ← | → nächster Artikel

Auswahl nach Erscheinungsdatum

Auswahl nach Themenstichwort

Startseite

zuletzt bearbeitet am 7.X.2016