24.Sept.2015

NATURBEOBACHTER AUS DER REGION


Mit Schnorchel und Schwimmflügel an ihren Lebensraum angepasst: die Seerose

N.N.

Seerosen im Teich bringen immer ein wenig Exotik in den Garten. Ihre großen, auffälligen Blüten öffnen sich zwar nur bei gutem Wetter und verwelken bereits nach wenigen Tagen, aber eine wohlgenährte Seerose produziert den ganzen Sommer über stetig neuen Flor. Bleibt die Blütenpracht aus und schieben sich nur noch Blätter dicht gepackt übereinander, dann wird es der Seerose zu eng oder es fehlen Nährstoffe. Das mag sie gar nicht. Wenn sie alle paar Jahre verkleinert wird (oder reichlich Platz hat, um sich auszubreiten) und genug Futter bekommt, ist sie unkompliziert und braucht ansonsten kaum Pflege. In nährstoffarmen Teichen sollte man speziellen Seerosendünger verwenden, der seine Nährstoffe langsam abgibt, damit er das Wasser nicht überdüngt, sonst gibt es eine hässliche Algenblüte. Genauso hässlich kann auch der Besuch von Seerosenzünsler oder Seerosenblattkäfer werden, denn die Schädlinge fräsen zahllose Gänge und Löcher in die Blätter, die irgendwann völlig skelettiert sind. Die Käferlarven fressen ausschließlich auf der Blattoberseite, der Zünsler dagegen versteckt sich in einem Köcher auf der Unterseite. Hier hilft leider nur regelmäßiges Absammeln der Larven und das Entfernen befallener Blätter.

Seerosen gibt es mittlerweile in einer großen Zahl von attraktiven Zuchtformen, die sich nicht nur in Blütenfarbe und -form, sondern auch im Wuchs unterscheiden. Zwergseerosen kommen selbst mit Kübelkultur zurecht. Achten Sie beim Kauf unbedingt darauf, dass die für eine Sorte erforderliche Wassertiefe zu Ihrem Teich passt.

In Deutschland kommen insgesamt zwei Arten der Gattung Echte Seerosen vor: Die gewöhnliche Weiße Seerose (Nymphaea alba) und die in NRW nicht heimische Glänzende Seerose (N. candida). Alle Arten wachsen nur in stehenden oder sehr langsam fließenden Gewässern, denn ihre Schwimmblätter vertragen es nicht, dauerhaft überspült zu werden. Seerosen sind mit über 50 Spezies weltweit verbreitet. Während bei den heimischen und winterharten Arten die Farben weiß und rosa dominieren, sind die tropischen oft intensiv blau oder violett gefärbt. Auch solche Schönheiten kann man sich in den Garten holen, muss dann aber für eine frostfreie Überwinterung im Kübel sorgen. Das ist gar nicht so aufwändig, denn im Winter ziehen die Pflanzen ein und benötigen daher kein Licht. Einige wenige Seerosen sind dagegen nur einjährig und müssen jedes Jahr aus Samen neu herangezogen werden, darunter übrigens auch das größte Seerosengewächs der Welt, die Victoria amazonica. Deren Blätter können sogar ein kleines Kind tragen.

Seerosen sind an ihren Lebensraum perfekt angepasst. So besitzen sie mit Luft gefüllte Stängel, die wie Schnorchel funktionieren und mit denen sie auch in sauerstoffarmen, schlammigen Gewässern überleben. Steigt das Wasser, z. B. nach starken Regenfällen, dann wachsen die Stängel weiter in die Länge, bis sie wieder oben treiben, wobei ihnen Luftkammern im Blattgewebe behilflich sind. Eine weitere Anpassung sind die Atemöffnungen (Stomata) auf der Oberseite der Blätter: Landpflanzen haben ihre Spaltöffnungen dagegen an der Blattunterseite, um die Verdunstung zu reduzieren, was für Seerosen kein Problem darstellt. Sind die Blüten befruchtet, werden sie unter Wasser gezogen, wo sie reifen. Die Samen besitzen wiederum luftgefüllte Schwimmflügel, mit denen sie einige Tage auf dem Wasser treiben, bevor sie auf den Grund sinken, um dort zu keimen.

Bei Regen perlt das Wasser erkennbar von den Seerosenblättern ab, aber hier handelt es sich nicht um den sogenannten "Lotus-Effekt", der durch eine Oberfläche aus besonderen Nanostrukturen entsteht. Bei den Seerosen macht eine dünne Wachsschicht die Blätter wasserabweisend, damit sie weniger leicht faulen und die Atemöffnungen schnell wieder trocken und frei werden. Trotz seiner Ähnlichkeit ist der Lotus mit den Seerosen weder verwandt noch verschwägert. Die Natur hat nur zweimal ähnliche Konzepte für das gleiche Problem entwickelt: Das Überleben im trüben Wasser.

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zuletzt bearbeitet am 15.X.2015