27.März 2014

NATURBEOBACHTER AUS DER REGION


Schmeckt scharf und hat eine antibakterielle Wirkung: der Meerrettich

Karl Josef Strank

Wer in seinem Garten einmal eine Meerrettich-Wurzel gepflanzt hat, weil er halt zu den scharfen Gewürzkräutern gehört, die im Garten wachsen sollten, wird auf Dauer eine ganze Ecke für ihn reservieren müssen. Denn Meerrettich ist eine Staude, die jedes Jahr wieder austreibt und dabei immer größer und ausladender wird. Die aufrechten, sattgrünen, lanzettlichen bis zu 120 Zentimeter langen Blätter, die alle aus einer basalen Rosette entspringen, sind gekerbt, gewellt, mitunter kraus gedreht oder glatt. So wie der oberirdische Vegetationskörper entwickelt sich in der Erde ein mächtiges, 30 bis 40 Zentimeter langes und vier bis sechs Zentimeter dickes, im oberen Teil vielköpfiges und knorriges Wurzelwerk, das im unteren Teil ästig mit vielen Seitenwurzeln verzweigt ist. An Wegrändern und an Feldrainen kommt der Meerrettich auch bei uns gelegentlich vor. Aufgrund der Tatsache, dass er Horste bildet und seiner stattlichen Ausmaße fallen die Pflanzen sofort ins Auge.

Bekannt ist der Meerrettich bereits seit der Antike als Gemüse-, Gewürz- und Heilpflanze. Seine Heimat ist Ost- und Südeuropa. Nach Mitteleuropa ist die Pflanze über den slawischen Raum eingebracht und verbreitet worden. Interessant wie strittig ist, woher der Name kommt. Einige meinen, er leite sich von „der über das Meer gekommene Rettich ab“ und die Tatsache, dass er auch an den Meeresküsten wächst, stütze diese Auffassung. Andere leiten das Meer von Mähre für altes Pferd her und bezeichnen ihn als Pferderettich (engl. horse radish bzw. franz. radis de cheval). Andere sehen darin einen „Mehr“-Rettich im Sinne von großer und starker Rettich. Eindeutiger ist da die süddeutsche bzw. österreichische Bezeichnung Kren für den Meerrettich. Dieser Namen kommt eindeutig aus dem Slawischen, denn in der Tschechei heißt er „křen“ und in der Slowakei „Chren“.

Wer nun den Meerrettich im Garten einfach wachsen lässt und im Herbst die Wurzel ausgräbt, wird feststellen, dass diese zwar sehr mächtig und dick ist, aber auch sehr hart, knorrig, faserig und nicht besonders scharf nach Meerrettich schmeckt. Meerrettichwurzeln, die man auf dem Markt kauft, sehen ganz anders aus, riechen intensiv und schmecken scharf. Das liegt daran, dass diese Wurzeln aus Wurzelstücken, sogenannten Fechsern, gezogen werden. Diese speziellen Krensetzlinge erhält man aus bleistiftdicken Wurzeln, die auf 40 Zentimetern Länge geschnitten und mit einem Tuch glatt abgewischt werden, so dass alle Seitenwurzeln entfernt sind. Die Fechser werden jetzt von März bis April schräg in lockere und humose Erde eingelegt. Das untere Wurzelende etwas tiefer als das Kopfende. An diesem bildet sich ein neuer Blattschopf, am Wurzelende neue Wurzeln, die im nächsten Jahr ebenfalls wieder als Fechser verwendet werden können. Mitte Juli und Ende August werden die Fechser freigelegt und alle an ihnen befindlichen Seitenwurzeln werden glatt mit dem Messer entfernt. Bei gut gedüngtem Boden und richtiger Kultur erhält man bis zum Herbst Krenstangen von bis zu einem Kilogramm, die aussehen wie die Meerrettichstangen, die auf dem Markt verkauft werden. Praktisch werden die Fechser für diese spezielle Kultur in einem Erdwall ähnlich wie Spargel gezogen.

Meerrettich enthält Senfölglykoside und hat eine antibakterielle Wirkung. Aufgrund seiner antibiotischen Eigenschaften werden Meerrettich-Präparate bei Infektionen der Niere, der ableitenden Harnwege und bei Bronchitis eingesetzt. Außerdem gilt der Kren als ausgezeichnetes Hausmittel gegen Husten. Zur Zubereitung werden hierfür fein geriebener Kren mit der gleichen Menge Zucker oder Honig vermischt. Von dieser Arznei nimmt man bei Husten zwei- bis dreimal täglich einen Teelöffel.

Angebaut wird der Meerrettich im Spreewald, in Baden und in Franken. In Österreich in der Südost-Steiermark in der Umgebung von Graz und in Frankreich im Elsass. Da Meerrettich aus den Wurzeln gezogen und vermehrt wird, sind verschiedene Sorten ausgelesen worden.

Besonders scharfer Senf, der einem die Tränen in die Augen treibt, erhält seine Schärfe nicht von besonders scharfen Senfkörnern, sondern vom Meerrettich, der diesen Senfsorten zugegeben wird. Bestimmte Gerichte sind ohne Meerrettich nicht denkbar. Geräucherte Forellenfilets werden in der Regel mit Sahne-Meerrettich-Sauce serviert und Tafelspitz ist ohne Meerrettich-Sauce nicht vorstellbar.

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zuletzt bearbeitet am 13.IV.2014