11.April 2013

NATURBEOBACHTER AUS DER REGION


Mitte April kommt der Kuckuck aus Afrika zurück. In diesem Jahr auch?

Karl Josef Strank

Ein typischer Vogel, der als Bote des Frühlings gilt, hat bisher noch nichts von sich hören lassen, so wie es in dem bekannten Kinderlied heißt: „Kuckuck, kuckuck ruft‘s aus dem Wald. Lasset uns singen, tanzen und springen!/Frühling, Frühling wird es nun bald! – Kuckuck, Kuckuck lässt nicht sein Schrein./Kommt in die Wälder, Wiesen und Felder!/Frühling, Frühling stelle dich ein! – Kuckuck, Kuckuck, trefflicher Held!/Was du gesungen, ist dir gelungen:/Winter, Winter räumet das Feld!“ Dennoch muss es bald werden, denn am 14. April ist der im Volksmund sogenannte „Kuckuckstag“, von dem es heißt: „Tiburtius kommt mit Sang und Schall, er bringt uns Kuckuck und Nachtigall.“ Diese alte Bauernregel besagt, dass meistens mit großer Pünktlichkeit der Kuckuck Mitte April von seinen Winterquartieren aus Afrika kommend wieder seine „Brutgebiete“ in Deutschland erreicht.

Wobei von Brut im üblichen Sinn beim Kuckuck nicht die Rede sein kann, denn er baut kein eigenes Nest, brütet nicht selbst und füttert nie seine Jungen. All diese Dinge, die zum normalen Brutverhalten der allermeisten Vögel gehören, lässt der Kuckuck von anderen verrichten, denn er ist der Prototyp des Brutschmarotzers schlechthin. Das macht diesen Vogel auf Anhieb nicht sehr sympathisch, aber es scheint eine erfolgreiche Strategie zu sein, denn sie sichert dem Kuckuck seit Generationen das Überleben. Man kann ihn als Meister der Sparsamkeit bezeichnen. Er genießt die Vorzüge der Paarungszeit und spart sich alle Mühen der Brutpflege, weil das andere für ihn erledigen. Es schwingt ein wenig Bewunderung und Neid mit bei der Redensart: „Jemandem ein Kuckucksei ins Nest legen“, die sehr treffend für den Sachverhalt steht, wenn jemand einem – meist ahnungslosen – anderen heimlich etwas unterschiebt.

Der Kuckuck ist fürwahr ein heimlicher Vogel. Man hört ihn oft und eher, als dass man ihn sieht. Er ist etwa taubengroß und durch helle und dunkle Querbänder im Gefieder gut getarnt. Ebenso tarnt er seine Eier und passt sie den Farben seiner Wirtsvögel an. Aber diese sind nicht nur wehrlose Opfer. Sie erkennen den Kuckuck, fliegen ihn an, „hassen auf ihn“ und versuchen ihn zu vertreiben.

Ein hartes Geschäft

Möglicherweise nutzt er dieses Verhalten geschickt aus, denn während die Wirtsvögel dem Kuckucksmännchen nachjagen, sucht das Kuckucksweibchen die Nester auf und schiebt die Eier unter. Man erkennt, dass in der Natur echtes Schmarotzertum ein hartes Geschäft ist. Bezogen auf alle Vogelarten stellen die obligaten Arten, also diejenigen, die nicht anders können, weniger als ein Hundertstel aller Arten, was im Umkehrschluss heißt, dass über 99 Prozent das normale harte Brutgeschäft mit Nestbau, Bebrüten und Ernährung der Jungen auf sich nehmen.

Wir Menschen trauen dem Geschäftsmodell des Kuckucks nicht wirklich, denn mit dem Begriff Wolkenkuckucksheim bringen wir zum Ausdruck, dass die in den Wolken gebaute Stadt der Kuckucke, was auf die Komödie „Die Vögel“ des Aristophanes zurückgeht, ein Luftschloss, eine Utopie ohne Bodenhaftung und Realitätssinn ist.

Früher glaubten viele, der Kuckuck lebe während des kalten Winters unter der Erde bei den Feen, weshalb sie ihn mit allerhand Aberglauben verbanden. So glaubten sie, dass die Anzahl der Kuckucksrufe, die man höre, der Anzahl der noch zu erwartenden Lebensjahre entspräche oder: Am Kuckuckstag sollte man sich mit einer gut gefüllten Börse zu einem Waldspaziergang aufmachen. Ruft der Kuckuck, so musste man diese ordentlich schütteln, dass es klimperte. Das bedeutete dann für das ganze Jahr, dass immer genug Kleingeld in der Börse war. In einer anderen Version sollten die Leute beim Ruf des Kuckucks in den Geldbeutel sehen, vergaßen sie es, so verlören sie Geld. Kern dieses Aberglaubens könnte es sein, dass, wer im Frühjahr noch genug Geld hatte, um Saatgut zu kaufen, gut gewirtschaftet hat und deshalb auch im laufenden Jahr wieder Geld verdiente.

Bei einer Zwangsvollstreckung klebt der Gerichtsvollzieher noch heute ein Pfandsiegel, den Kuckuck, auf die Sachen des Schuldners. Dieses war früher meistens als Staatssiegel mit einem Wappenadler versehen. Daraus wurde dann aus Spott oder Ironie der „Kuckuck“. Die Bezeichnung ist geblieben, auch wenn heute kein Adler mehr das Siegel ziert.

Scher‘ dich zum Kuckuck, sprich „zum Teufel“, wünschen wir dann aber doch niemandem angesichts des nun nahenden Frühlings – außer dem Winter!


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zuletzt bearbeitet am 4.IV.2013