12.Juli 2012

NATURBEOBACHTER AUS DER REGION


Jetzt ist Saure-Gurken-Zeit. Die Früchte werden während der Reife geerntet.

Joachim Schmitz

Jetzt ist wieder die Zeit angebrochen, die auch gerne mal als Saure-Gurken-Zeit bezeichnet wird. Das ist eigentlich eine Beleidigung für die echten sauren Gurken, die halt zufällig genau um diese Zeit geerntet und verarbeitet werden. Dabei handelt es sich keineswegs um die in Essig eingelegten Gurken, wie man sie überall in Westdeutschland bekommt.

Im Slawischen

Wie die Gurke überhaupt ist auch die Zubereitung als saure Gurke im frühen Mittelalter aus Osteuropa nach Mitteleuropa gekommen. Selbst der Name Gurke stammt aus dem Slawischen: Die Gurke heißt zum Beispiel in Polen ogórek oder tschechisch okurka. Irgendwo im slawischen Sprachgebiet wurde auch die Methode entdeckt, die Gurken durch Milchsäuregärung haltbar zu machen. Es handelt sich um eine Form der Konservierung durch Gärung, wie es auch beim Weißkohl durch Vergärung in Sauerkraut funktioniert. Echte (milch-)saure Gurken kann man immer an der weißlichen Trübung der Lake im Gefäß erkennen. Ähnlich wie beim Sauerkraut ist der Geschmack allerdings nicht jedermanns Sache.

Die nordindische Wildgurke Cucumis hardwickii mit kleinen, ziemlich bitteren Früchten gilt als Urahn der Kulturgurke Cucumis sativus. Botanisch ist die Gurke eine Beerenfrucht. Ursprünglich war sie kugelig-eiförmig, weniger als zehn Zentimeter lang und mehr oder weniger gelb mit helleren Streifen gefärbt. Insgesamt ähnelt diese Frucht den nahe verwandten Melonen. Durch Züchtung wurden länglichere und größere Formen erzielt. Übrigens werden die Früchte der meisten heutigen Gartensorten bei der Reife immer noch gelb. Die typische grüne Salatgurke ist also eigentlich unreif. Deshalb sind grüne Gurken auch immer ein bisschen bitter. Das können Sie zu Hause selbst ausprobieren. Lassen Sie Gurken (am besten sogenannte Landgurken oder Einlegegurken – an denen ist noch nicht so viel rumgezüchtet worden) bei Zimmertemperatur in einem gut gelüfteten Raum liegen und Sie werden sehen, dass die gelb werden. Das kann man noch beschleunigen, wenn man einen Apfel daneben legt. Der gibt das Reifungsgas Ethen (früher auch als Äthylen bezeichnet) ab, was die Reifung vieler Früchte enorm befördert.

In der Medizin werden die Samen der Gurke (und der verwandten Melonen und Kürbisse) bei Prostratabeschwerden und Reizblase angewandt. Sie enthalten eine Reihe von Steroiden und gamma-Tocopherol und sind deshalb entzündungshemmend und antioxidativ. Bemerkenswert ist der Gehalt an ungewöhnlichen Aminosäuren, unter anderem das Cucurbitin, das lähmend auf Bandwürmer wirkt. Deshalb werden Gurkensamen auch heute noch in der Naturheilkunde gegen Bandwürmer eingesetzt. Für alle medizinischen Anwendungen werden die reifen Samen gebraucht. Da die marktüblichen Gurken unreif geerntet werden, sind deren Samen ungeeignet. Die ungewöhnlichen Aminosäuren bewirken in der menschlichen Haut, dass Wasser besser gebunden wird. Darauf beruht die kosmetische Anwendung der Gurke als „Gurkenmasken“ und in kosmetischen Hautpflegemitteln. Aber auch hier gilt wieder: Es müssen reife Samen sein! Die marktüblichen Salatgurken bringen nicht das gewünschte Ergebnis.

Andenbeeren aus Unkel

Im Zeichen der Klimaerwärmung kann man zumindest vorübergehend verwilderte Gurkenpflanzen sogar im Rheinland finden.Wenn ein Sommer lang genug warm und trocken war, kann man an Gleithängen des Mittelrheins fündig werden. Als Gleithang bezeichnet man den Innenbogen einer Flussbiegung. Hier ist die Strömung und der Wasserstand gering und hier kann das Ufer schon im Sommer völlig trockenfallen. Ein Beispiel ist das rechtsrheinische Ufer bei Unkel. Hier kann man im Spätherbst Gurken, Melonen, Andenbeeren, Tomaten und noch viel mehr finden.


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zuletzt bearbeitet am 6.VIII.2012