Name im Capitulare  Nr. Botanischer Name Familie
sclareiam
72
Salvia sclarea L. Lamiaceae

 
 Muskatellersalbei
deutscher Name 
 Scharlei
niederländischer Name 
 sauge sclarée
französischer Name 
 clary sage
englischer Name 

 
Beschreibung

Geschichte

 Verwendung

 
Botanische Beschreibung der Art

Der Muskatellersalbei, auch als Scharlei oder Muskatellerkraut bekannt, gehört zur Familie der Lippenblütler und ist im östlichen Mittelmeergebiet beheimatet. Die zweijährige Art bildet im ersten Jahr eine Rosette eiförmiger bis länglicher, bis zu 23 cm langer Blätter, die am Grunde abgerundet oder leicht herzförmig, unregelmäßig gekerbt-gezähnt, runzelig und oberseits meist nur schütter, unterseits filzig behaart sind. Im zweiten Jahr erwächst daraus ein aufrechter, reich verzweigter, drüsig behaarter Stängel, der bis zu 1 m hoch werden kann, mit gegenständigen, dicht behaarten Blättern. Im Juni und Juli erscheinen die ca. 3 cm langen, stark duftenden Blüten, die zu 4–6 in meist zahlreichen quirlartigen Stockwerken in dichten Blütenständen am Ende des Stängels und der Zweige stehen. Die Tragblätter der Quirle sind auffällig weinrot oder violett gefärbt und deutlich länger als der drüsig behaarte, etwa 1 cm lange Kelch mit seinen dornig begrannten Zähnen. Die Blütenkrone besteht aus einer breiten dreilappigen, oft gelblichen Unterlippe und einer sichelförmigen Oberlippe, deren Farbskala von cremefarben über hellblau bis zu fliederfarben oder rosa reicht.

Der Muskatellersalbei gedeiht am besten auf trockenem, steinig-lockerem Lehmboden in warmen Regionen. Er besiedelt Weinbergbrachen, Wegränder und trockenes Ödland im Mittelmeergebiet und Vorderasien und ist am Alpensüdrand örtlich eingebürgert, sonst nur vereinzelt und unbeständig verwildert zu finden. Kultiviert wird er heute weltweit, vor allem in Russland, Frankreich, Italien, Jugoslawien, Spanien, Marokko, den USA und in England, um daraus ätherisches Öl zu gewinnen.
 

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Geschichte

Anscheinend fand der Muskatellersalbei bereits in der Antike Anwendung in der Medizin: Wie der Garten-Salbei (Salvia officinalis – vgl. Nr. 5: salviam) gehört der Muskatellersalbei zur Gattung Salvia, deren Name sich vom lateinischen salvare = heilen ableitet. Der latein. Artname sclarea ist abgeleitet von clarus = rein, was auf reine Augen hindeutet. Die Samen der Pflanze, kleine Nüsschen, verschleimen, wenn man sie befeuchtet. Sie wurden daher unter das Augenlid gesteckt, um durch die Schleimabsonderung Fremdkörper aus dem Auge zu entfernen. Der Schleim wurde auch für die Gewinnung von Augentropfen extrahiert.

Die Blätter und Blüten des Muskatellersalbeis enthalten ein stark duftendes etherisches Öl; deshalb hatte er wohl schon zu antiker Zeit als Gewürz- und Zierpflanze Bedeutung. Auch die Wirkung auf das Nervensystem war damals bereits bekannt: Sowohl der Rauch verbrennenden Muskatellersalbeis als auch der Duft des Öls sorgten für Entspannung, bei höherer Dosierung kam es zu euphorischen Zuständen, weshalb ihm aphrodisierende Eigenschaften zugeschrieben wurden. Die Kelten stellten aus der Pflanze eine Art Tee her, mit dem sie sich in rituelle Rauschzustände versetzten.

Namentlich in Weinbaugebieten wurde die wärmeliebende Pflanze seit dem frühen Mittelalter eingebürgert. Die geographische Verbreitung geht heute bis zur Nordsee; auf die Britischen Inseln wurde sie 1562 gebracht. Das aus den Blättern gewonnene etherische Öl war früher eine wichtige Würze für Wein und Bier. Dem Wein verlieh sie den Muskatellergeschmack, daher der Name Muskatellersalbei. Seit einigen Jahrzehnten ist es jedoch verboten, dem Wein Muskatelleröl zuzufügen; Muskatwein wird heute allein aus besonders würzigen Reben hergestellt. In Gardelegen in der Altmark wurde ein früher bekanntes Bier mit Namen Scharlei gebraut, benannt nach der Pflanze, mit deren Inhaltsstoff es gewürzt wurde.

In der Volksheilkunde band man das Kraut auf die Pulsadern, um Fieber zu vertreiben. Hildegard von Bingen beschreibt die heilende Wirkung des Muskatellersalbeis bei Vergiftung: "Der Muskatellersalbei ist warm, und er ist gut gegen Gift..." sowie bei schwachem Magen: „Und wessen Magen so schwach ist, dass er von Speisen leicht eitrig ist, der nehme Muskateller-Salbei und zu deren dritten Teil Polei und von Fenchel soviel wie der dritte Teil der Polei (ist), und dies koche er gleichzeitig in gutem Wein, unter Beigabe von etwas Honig, und er seihe es durch ein Tuch, und trinke es oft nach dem Essen und gegen Nacht; sein Magen wird angenehm geheilt oder gereinigt werden". Auch Kopfschmerzen sollte er lindern helfen: "Aber auch wer Kopfweh hat, der koche Muskatellersalbei in Wasser, und nach Auspressen des Wassers lege er es so warm um seinen Kopf und bedecke den Kopf mit einem Tuch und schlafe so, und es wird ihm besser gehen."
 

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Heutige Bedeutung und Verwendung

Sowohl aus den zur Blütezeit geernteten oberirdischen Pflanzenteilen als auch aus den Triebspitzen und Blütenständen wird etherisches Öl gewonnen, das hauptsächlich Linalylacetat und Linalool enthält, daneben unter anderem Germacren-D , ß-Caryophyllen und Sclareol. Das durch Wasserdampfdestillation gewonnene Öl findet heute Anwendung in der Aromatherapie: in einer Duftlampe erwärmt, als Badezusatz oder in einer Massagemischung wirkt es ausgleichend, entspannend, beruhigend und hilft  gegen Depressionen. Muskatellersalbei kann erotisierende und euphorische Gefühle auslösen und schöne Träume hervorrufen.

Das Muskatellersalbeiöl besitzt wehenfördernde Eigenschaften, wirkt krampflösend bei Menstruationsbeschwerden sowie bei Blähungen, Magen- und Darmkrämpfen. In der Hautpflege findet es aufgrund seiner adstringierenden, antiseptischen und talgregulierenden Eigenschaften Anwendung bei Akne, fettiger Haut, Hautentzündungen und übermäßiger Schuppenbildung.

In der Kosmetik wird das ätherische Öl als Duftstoff Seifen und Parfüms zugesetzt.

Auch in der Küche findet der Muskatellersalbei Anwendung: Die frischen jungen Blätter werden Beignets hinzugefügt, Blüten können zu Salaten gegeben oder in Teemischungen verwendet werden.

Der Muskatellersalbei ist zudem eine schmucke Zierpflanze mit seinen wunderschönen, stark duftenden Blüten, die sich für Duftsträuße und Kräutersäckchen eignen. Über den Duft des Muskatellersalbeis gehen die Meinungen allerdings auseinander: Während die einen ihn als feinen, aromatischen Geruch mit einem starken Einschlag an Ambra bezeichnen, schreibt Jürgen Dahl, dass er „weniger nach Muskat als vielmehr nach einer ganzen Seilschaft schwitzender Bergsteiger duftet".
 



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zuletzt geändert am: 26.IX.2003